Q mit Biss. Im Buddha Relic Tooth Temple zu Singapur
Reliquien sind das Salz jeder Religion: anatomische Partikel Ihrer Heiligkeiten – auf wundersame Weise und auf unergründlichen Wegen gerettet, aufgefunden, verloren, glücklich wiederaufgefunden und wiedergerettet – zum verzückend-erbaulichen Anfassen und Anbeten für die Demütigen. So fand auch einer der vierzig Backenzähne des sterblichen Siddharta Gautama – "einer von uns", der bekanntlich 483 vor unserer Zeitrechnung ins Nirwana einging – seinen Weg von Myanmar nach Singapur, wo die anbetungswürdige Reliquie nun in einem neuen Schrein prangt, der zu Buddhas Geburtstag am 30. Mai 2007 geweiht wurde.
Der Abt der Goldenen Buddha-Pagode, in dessen Obhut sich der Zahn seit 2002 befand, empfing bei einem einjährigen Dharma-Lotusblüten-Retreat und dank der Segnungen der Drei Juwelen nicht nur den Namen des Schreins, nämlich "Buddha Relic Tooth Temple Singapore" kurz BTRTS, sondern auch den architektonischen Entwurf nach einem Mandala der mächtigen Tang-Dynastie aus dem 8. Jahrhundert. Außerdem sollte der Baugrund geschichtsträchtig sein, und nachdem der Buddhismus für die frühen chinesischen Immigranten von so großer Bedeutung war, wählte man die Chinatown von Singapur als Ort des neuen Tempels für die Hinterlassenschaft aus Buddhas Munde, für andere religiöse und museale Exponate und für die Unterweisung auf dem Pfad der Erleuchtung.
Doch der BTRTS ist nicht nur ein Sakralbau – Platz hat darin auch Weltliches. So gibt es im Untergeschoss das kleine Nagapuspa-Theater für Aufführungen, Seminare, Filmvorführungen, Workshops, Kongresse und gelegentliche musikalische Darbietungen. CCW begleitete das Projekt in audio- und AV-technischen Fragen und empfahl dem Systems Integrator Electronic & Engineering die Installation eines d&b Systems. "Die Raumgröße ist recht angenehm", sagt Chong Chin, der Projektleiter von CCW. "Das Theater bietet Platz für maximal 300 Besucher; der Qi10 ist ideal für einen großen, jedoch niedrigen Raum. Die Lautsprecher sind klein und unauffällig, drei reichen aus für die verschiedenen Anforderungen an Sprache, Livemusik und Film – je einer links, mittig und rechts. Dazu zwei Qi-SUBs und das System hat ziemlich Power, ohne dass die Klangreinheit darunter leidet."
Jedenfalls: Im Keller das Vergängliche, gen Himmel strebend das Ewige. In dem Karree Ecke Sago Street und South Brigde Street, wo einst – und in den Seitenstraßen noch heute – die roten Laternen Dutzender, ja Hunderter Bordelle lockten, erhebt sich nun das vierstöckige Gebäude, in dem 270 Kilo Gold verbaut wurden, majestätisch und sinnfällig über die niedrigen Häuschen, Sweat Shops und Shop Houses. Denn nach überlieferten fernöstlichen Erotica hat der Buddhazahn auch noch eine andere Bedeutung:
Die Augen, wie von Ratten, die nach Fett gelüsten,
Die Finger, wie blutsaugende Insekten,
So tasten sie nach einem Spalt bei hübschen Mädchen,
Um dann den Buddhazahn in seiner wahren Form hervorzuholen.
(Aus: Zhang und die Nonne vom Qiyun-Kloster. Erotische Erzählungen aus dem alten China)